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Dienstag, 15 Februar 2022 06:59

Neil Robertson gewinnt die Players Championship: Rückblick auf eine spektakuläre Snooker-Woche

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Neil Robertson gewinnt die Players Championship: Rückblick auf eine spektakuläre Snooker-Woche photo by worldsnooker

Die Kontrahenten waren dieselben, das Resultat mit 10:5 ähnlich deutlich: Nach dem Finalsieg Anfang Januar beim Londoner Snooker-Masters setzte sich Neil Robertson auch beim Turnier der 16 Weltjahresbesten in Wolverhampton souverän gegen Barry Hawkins durch. Zwei Tage nach seinem 40. Geburtstag holte sich der blonde Riese mit dem geschliffenen Stil den 22. Ranking-Titel seiner Karriere.

Autor / Text:Matthias Breusch, Musikjournalist und Kolumnist, seit 1992 snookersüchtig. Bastelt seither unverdrossen an seinem ersten Half Century ...

Nach Robertsons rasantem Zwischenspurt zum 5:1 mit drei Centuries in Serie schien für Barry Hawkins schon früh im Final-Match alles gelaufen. Aber er kämpfte sich im siebten Frame auf 2:5 heran und hielt sich mit einer brillanten 137 im achten Durchgang alle Möglichkeiten für die zweite Session offen.

Bis zur Mid-Session der Abendveranstaltung blieb Hawkins mit 5:7 in Reichweite der Trophäe, aber in den restlichen drei Frames ließ Neil Robertson erneut keine Schwäche erkennen. Der Longpot-König aus Melbourne schnappte sich den gläsernen Pokal plus 125.000 Pfund Preisgeld. Damit gewann er den Titel zum ersten Mal, nach zuvor drei Finalniederlagen 2012, 2013 und 2019.

Ein Underdog entspannt sich

Im ersten Abschnitt der dreiteiligen Cazoo-Tour, dem World Grand Prix der 32 Weltjahresbesten im Dezember, musste sich Robertson noch mit 8:10 Ronnie O’Sullivan geschlagen geben; durch den zweiten Finaleinzug und den Sieg über Hawkins hat der Australier das Ticket für die Cazoo Tour Championship, die er im letzten Jahr gewann, schon jetzt in der Tasche. Das Abschlussturnier der Serie mit den besten Acht der laufenden Saison findet ab dem 28, März im walisischen Badeort Llandudno statt.

Neil Robertson hatte sich auf seinem  Weg ins Endspiel gegen Kyren Wilson (6:4) und Ronnie O’Sullivan (6:3) sowie Turnier- Underdog Jimmy Robertson (6:2) durchgesetzt. Jimmy, der zuvor den belgischen  Queue-Künstler Luca Brecel glanzvoll mit 6:1 und die schottische Allround-Legende John Higgins nervenstark mit 6:4 nach 0:2-Rückstand ausgeschaltet hatte, konnte sich noch im Frühjahr 2021 nur um Haaresbreite in den Top 64 halten, um seine Tour-Lizenz nicht zu verlieren. Jetzt darf er sich auf Platz 27 der Zweijahres-Rangliste mindestens bis zum Ende der Saison 22/23 auf deutlich entspanntere Zeiten ohne Existenzängste freuen.

Trostpreis: 50.000 Pfund

Barry Hawkins nahm nicht nur den „Trostpreis“ von 50.000 Pfund mit nach Hause, sondern auch die Lorbeeren aus seinem grandiosen 6:5-Viertelfinalsieg gegen Yan Bingtao. TV-Kritiker Stephen Hendry, eher weniger für überschwängliche Lobeshymnen bekannt, ließ sich sogar zu einem „Das war eines bestens Best-of-eleven-Matches, die ich je gesehen habe“ hinreißen.

Bingtao wäre ebenfalls ein würdiger Halbfinalist gewesen. Der 22-Jährige Masters-Champion von 2021 zauberte gegen Hawkins ebenso wie gegen seinen Erstrundengegner David Gilbert (6:4) jeweils drei Centuries aufs Tuch.

Eher unspektakulär scheiterte hingegen sein Landsmann Xiao Zhintong als Nummer eins der Cazoo-Setzliste. Auch für den UK- und German-Masters-Champion war Barry Hawkins Endstation: im Auftaktmatch mit 3:6.

Kunstvoll-freche Break-Architektur

Ricky Walden, nach langer, gesundheitlich bedingter Leidenszeit in dieser Saison wieder auf dem Weg in die Weltspitze, sorgte für das andere spektakuläre Highlight des Turniers. Sein Viertelfinale gegen Mark Williams brachte alles mit, was das schönste Spiel der Welt zu bieten hat – und das trotz des offenbar „schwammig“ auf die Bälle reagierenden Tischs, der den Table-Fittern in den ersten Tagen schlaflose Nächte bescherte.

Bis zum 4:1 wirkte die tiefenentspannte, kunstvoll-freche Break-Architektur von Williams schier unschlagbar. Aber Walden fing den Weltmeister von 2018 mit einem bärenstarken Comeback, davon die letzten vier Frames in Serie, noch mit 6:5 ab.

Pink war sein Schicksal

Im Halbfinale gegen Hawkins schoss Rick die rosa Kugel diagonal beim Stand von 1:0 und 60-0 an der gelben Tasche vorbei. Den Spielball hatte er als Kindergarten-Einsteiger perfekt auf dem Spot von Pink vor einer einschussbereiten Roten gestoppt. Barry nutzte die Vorlage mit einem blitzsauberen 68er-Steal zum 1:1.

Ken Doherty erwies sich auf ITV als Prophet: „Das könnte den frühen Bruch für Waldens Spiel bedeuten.“ Und genauso kam es. Rickys spielerische Leichtigkeit und Präzision war mit einem Mal dahin; Hawkins genügte ein entschlossener Auftritt für ein ungefährdetes 6:2.

„Winning Machine“ Judd Trump, der als 14. der Cazoo-Liste schon in Runde eins auf die Nummer drei Ronnie O’Sullivan traf, hatte zwar „nicht viel falsch gemacht“, wie er hinterher in recht aufgeräumter Stimmung festhielt, scheiterte im Klassiker jedoch erneut vorzeitig und bleibt in der laufenden Saison weiterhin ohne Halbfinale oder Finale in einem Ranglistenturnier. Dies hat ihn in den Rankings nach den vielen Titeln der letzten Jahre einiges an Punkten gekostet.

Schreien für Ronnie O`Selby

Ronnie O’Sullivan wurde bei den Auftritten in der Nähe seines Geburtsorts Wordsley noch ein bisschen fanatischer angefeuert als zuletzt beim Masters in London. Gegen „Banana-Ball-Judd“ spielte er beinahe in der Manier seines einstigen Angstgegners Mark Selby: geduldig, kühl bis ans Herz, mit exzellenten Safeties, um selbst aus kleinsten Chancen-Fenstern Frame-entscheidende Breaks abzufeuern.

Die lautstarke Unterstützung nützte ihm gegen Neil Robertson allerdings wenig, denn „Robbo“ ließ die Schreie von der Tribüne ungerührt an sich abprallen: „Du musst schon was wegstecken können, wenn du gegen Ronnie spielst und die Leute jeden deiner Fehler bejubeln, um ihn aufzumuntern“, äußerte sich Robertson nach seinem Viertelfinalsieg auf dem Online-Portal von World Snooker. „Aber er hat sich das in all den Jahren verdient, und das musst du einfach respektieren.“

Der Weltmeister blieb zu Hause

Apropos Mark Selby: Die Nummer eins der Geld- und Weltrangliste war in Wolverhampton nicht vertreten. Der amtierende Weltmeister hatte das Turnier der aktuell Formstarken auf Platz 17 knapp verpasst, weil er bei den German Masters in Berlin im Achtelfinale gegen Yan Bingtao ausgeschieden war.

Bereits nach dem Aus beim Londoner Masters hatte er Mitte Januar öffentlich erklärt, dass er sich wegen psychischer Probleme in Behandlung begeben habe. Er habe nicht länger die Kraft, sich hinter einer auf selbstbewusst getrimmten Fassade zu verbarrikadieren und gleichzeitig permanent Höchstleistungen zu bringen. Vor allem die harten jungen Jahre seiner Karriere nach dem frühen Tod seines Vaters habe er nie richtig verarbeiten können. Sein emotionaler Akku sei vollkommen leer.

Es ist Selby sehr zu wünschen, dass es ihm spätestens Ende April zur Verteidigung seines Titels im Crucible von Sheffield wieder deutlich besser geht.

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Thomas Hein

Bis bald euer Thomas Hein

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