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Montag, 07 Januar 2013 16:00

Deutsche Snookerschiedsrichter: Die heimlichen Stars

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Kein deutscher Spieler im TV, aber die deutschen Schiedsrichter erreichen ein ums andere Finale. Hier ein Interview mit einem 147-Ref.

Gestern spielten Graeme Dott und Mark Selby um den Sieg, aber geleitet wurde die Partie von einer Deutschen, Maike Kesseler. Grund genug mal bei dem - wahrscheinlich ab 19.1. - neuen Bundesschiedsrichterobmann, Thorsten Müller aus Chemnitz nachzufragen, warum die Schiedsrichter bereits Weltspitze beim Snooker sind. Er selbst ist auch oft am Finaltisch und leitet die Weltstars der Snookerszene.

Hallo Thorsten,
Du wohl ab 19.1.Bundesschiedsrichterobmann sein und viele kennen Dich als Schiedsrichter des Maximums von Ronnie O’Sullivan beim Paul Hunter Classic 2011 in Fürth.

Profil:
Name: Thorsten Müller
Wohnort: Chemnitz / Sachsen
Jahrgang: 1964
Grad Ref: International Class III



Snookerkarriere in Stichpunkten:
  • Interesse am Job durch Gespräche mit anderen Schiedsrichtern
  • Erste Lizenzprüfung Frühjahr 2008
  • Leitung von unzähligen Vereinsmatches auf internen Turnieren bis hin zu den Landesmeisterschaften
  • Nominierung als Schiedsrichter zur  Deutschen Meisterschaft 2009 und zweite Lizenzprüfung
  • Einladung zum Paul Hunter Classic 2010, dort „Entdeckung“ durch Jan Verhaas und schließlich Leitung eines Halbfinales
  • Weitere Einsätze bei PTC Turnieren 2010 in Hamm und Prag
  • Regelmäßige Einsätze bei Vereinsturnieren und Bundesligabegegnungen
  • Erster Einsatz an einem TV-Tisch bei den Paul Hunter Classic 2011
  • Einladung zu den Austrian Snooker Open in Wels / Österreich 2012 und Lizenzprüfung zum International Class III Referee
  • Weitere Einsätze für World Snooker und Leitung des Finales der Paul Hunter Classic 2012
  • Einladung zu den Amateurweltmeisterschaften 2012 nach Sofia und Leitung des Masters-Finales

Was war dein schönster Moment als Ref?

Oh – das sind so viele! Aber wenn ich wählen muss, dann der Moment, als mein Sohn, damals 12 Jahre, seine erste Lizenzprüfung als Snooker Schiedsrichter bestanden hat.

Wie bist Du zum Snooker Referee geworden?

Nach meiner ersten Lizenzprüfung bei Sandy Müller habe ich unzählige Matches im Landesverband geleitet. Ein “richtiger“ Snooker Referee wurde ich aber erst auf der Deutschen Meisterschaft 2009. Meine Ausbilder Bernie Mickeleit, Bülent Irmak und Stefan Grobe haben das gerade gerückt, was ich mir bis dahin falsch angewöhnt hatte. Im weiteren Verlauf meiner Entwicklung hatten dann auch Uli Keiffenheim und Ingo Schmidt maßgeblichen Einfluss. All diesen Personen bin ich zu großem Dank verpflichtet.

 

Wie war es für dich, das Maximum in Fürth am Tisch zu erleben?

Es war sehr heiß an diesem 26. August 2011, es war auch mein allererster Einsatz an einem TV-Tisch und ich hatte gleich Ronnie O´Sullivan vor der Brust. Wer die TV-Aufzeichnung kennt, hat sicher bemerkt, dass ich beim Punktestand 120 viel zu zeitig beginne, den Score anzusagen. Genau das war der Moment, als ich bemerkte, dass ein mögliches Maximum in der Luft liegt. Als Ronnie alle Bälle zum 147 versenkt hatte, habe ich ihm kurz gratuliert und musste gleich den Tisch für Frame vier vorbereiten – keine Zeit für andere Dinge oder Gedanken. Ich denke, das erste Maximum, welches man „aufsetzen“ darf, erlebt man nicht am Tisch. Man realisiert es aber unmittelbar nach dem Match, wenn die Anspannung abfällt, die Konzentration herunter fährt – Adrenalin pur. Nebenwirkung: Dauergrinsen für mehrere Stunden.
 
Was willst Du als Bundesschiedsrichterobmann erreichen?

Zunächst muss die Kommunikation zw. BSO und den LSO wiederhergestellt werden. Zu einigen Vertretern der LV habe ich schon sehr guten Kontakt, zu anderen noch nicht. Außerdem muss die Kommunikation innerhalb der LV zwischen LSO und LSW verbessert werden. Auch hier gibt es schon positive Beispiele. Und schließlich muss innerhalb der LV der Bekanntheitsgrad der LSO verbessert werden. Auf diesen drei Problemfeldern werde ich beginnen, danach sehen wir weiter.

 

Wie viele Schiedsrichter gibt es in Deutschland?

Grundsätzlich zu wenige. In meiner Übersicht habe ich 22 „A“ – internationale Schiedsrichter, 20 „B“ – nationale Schiedsrichter und 244 „C“ – Landesverbandsschiedsrichter gelistet. Wer von den 244 „C“ tatsächlich aktiv als Schiedsrichter arbeitet, muss ich noch in Erfahrung bringen. Unter dieser Zahl verbergen sich auch all jene, die die C-Lizenz besitzen, weil sie für den Ligaspielbetrieb im jeweiligen LV Voraussetzung ist. Insgesamt rechne ich mit derzeit nur 50 – 70 aktiven Snooker-Schiedsrichtern in Deutschland

 
Wie wird man Schiedsrichter? Wer ist Ansprechpartner für Interessierte?

Wenn die Schwierigkeiten in der Kommunikation beseitigt sind, wird jeder Interessierte in jedem beliebigen Billardverband in Deutschland Informationen erhalten können. Zumindest wird er einen Ansprechpartner genannt bekommen. Bis die dazu nötigen Voraussetzungen geschaffen sind, bin ich der Ansprechpartner. Meine Kontaktdaten stehen unter dem Interview.

 
Wie verläuft eine Ausbildung als Schiedsrichter? Wie wird man internationaler Schiedsrichter?

Zu jeder Zeit der Ausbildung ist Interesse und Teamfähigkeit eine Grundvoraussetzung. Im Lehrgang zur ersten Lizenzprüfung erwirbt der angehende Schiedsrichter die nötigen Regelkenntnisse und erlernt das Verhalten am Tisch. Danach kann er selbstständig im LV als Schiedsrichter tätig sein. Dabei wird er von erfahrenen Schiedsrichtern beobachtet und erhält Tipps zur Verbesserung seiner Leistungen. Bei sehr guten Leistungen erfolgt die Nominierung zu den Deutschen Meisterschaften, wo weitere Lizenzprüfungen, bis hin zum internationalen Schiedsrichter, abgelegt werden können. 

 
Wo werden Schiedsrichter national gebraucht bzw. eingesetzt?

Gut, dass du die Frage so stellst, denn die internationalen Einsätze sind zwar das Salz in der Suppe aber tatsächlich nur ein Bruchteil des Jobs, etwa drei bis vier Einsätze im Jahr. Die Hauptarbeit wird in der Bundes- und den Landesligen, den regionalen Ranglistenturnieren und im eigenen Verein geleistet. Leider ist es im Moment noch so, dass viel mehr Schiedsrichter gebraucht, als dann tatsächlich eingesetzt werden. Ich würde mir wünschen, dass die 1. und 2. Bundesliga, sowie die Relegations- und Aufstiegsrunden komplett mit Schiedsrichtern besetzt werden können. Dazu ist aber neben der Einsatzbereitschaft der Schiedsrichter auch die Unterstützung anderer erforderlich. Wenn der Arbeitgeber nicht mitspielt, ist alles andere vergebene Liebesmüh. Man darf nicht vergessen: Der Schiedsrichterjob ist eine ehrenamtliche Tätigkeit, die in der Freizeit ausgeübt wird.
 

Wie hält ein Schiedsrichter bei den langen Matches die Konzentration?

Da hat jeder sein eigenes Rezept. Ausreichend trinken, vor einem Match nicht zuviel essen aber auch nicht hungrig an den Tisch sind gute Tipps. Ich habe immer Traubenzucker mit dabei, falls doch mal ein Konzentrationseinbruch kommen sollte.
 

 Es wird jetzt bald den leichten Einstieg als Clubschiedsrichter geben. Was ist das?

Clubschiedsrichter kann jede oder jeder Interessierte werden, die/der einfach einmal in die Tätigkeit des Schiedsrichters reinschnuppern möchte. Weder ein bestimmtes Alter, noch eine aktive Vereinszugehörigkeit sind Bedingung. Der Clubschiedsrichter erhält Regelunterweisungen und erlernt im praktischen Einsatz bei Vereins- oder regionalen Ranglistenturnieren die Schiedsrichtertätigkeit. Je nach Interesse und Aktivität kann der Clubschiedsrichter auch bei Bundesligabegegnungen eingesetzt werden. Außerdem stehen dem Clubschiedsrichter alle Entwicklungswege bis hin zum internationalen Schiedsrichter offen. Ein Clubschiedsrichter mit ca. 6-monatiger Erfahrung wird keine Schwierigkeiten haben, die erste Lizenzprüfung zu bestehen.

 
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Thomas Hein

Bis bald euer Thomas Hein

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