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Donnerstag, 10 März 2011 11:39

Billard im Blut

geschrieben von

Interview mit Axel Heger, dem Chef der erfolgreichsten Vereins in der deutschen Snookerszene. Er liefert sehr interessante Einblicke und Thesen.

Profil:

Name, Vorname: Heger, Axel
Billard seit: im Verein seit 1984
Stationen im Billardsport: BBF Wuppertal
Lieblingsdisziplin alle Disziplinen, ob Snooker, Pool oder Karambolage haben ihren Reiz

Hallo Axel,
Du bist mit der Snookerabteilung der BBF Wuppertal seit einigen Jahren das „non plus ultra“ der deutschen Snookerszene. Es interessiert sicher viele Snookerbegeisterte, was hinter dem Erfolg steht. Daher sind wir froh einmal mit Dir hinter die Kulissen zu schauen.

Seit wann ist Snooker Bestandteil des Vereins?

Seit der Saison 1995/96

Wie viele Medaillen sind es bisher geworden (am liebsten mit Jahreszahl und Sportler)?

DM: 2002 Gold Herren Mike Henson
    Bronze Herren Kurt Stock
    Bronze Junioren Nico Seidler
  2003 Silber Herren Kurt Stock
  2007 Bronze Herren Patrick Einsle
  2008 Gold Herren Itaro Santos
    Bronze Herren Stefan Kasper
  2009 Gold U19 Benedikt Griesdorn
    Gold Damen Diana Stateczny
    Gold Senioren Thomas Hein
    Gold Herren Patrick Einsle
    Silber Herren Itaro Santos
    Bronze Herren Thomas Hein
  2010 Gold U19 Benedikt Griesdorn
    Gold Damen Diana Stateczny
    Gold Senioren Miro Popovic
    Silber Senioren Thomas Hein
    Gold Herren Stefan Kasper
         
BL: DM 2002/2003 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, K. Stock, E. Alvarez, J. Stacha
  Vize 2003/2004 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, K. Stock, J. Stacha
  Vize 2004/2005 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, J. Stacha
  Vize 2006/2007 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, P. Einsle (Maintour), Ph. Barnes, F. Schiller
  DM 2007/2008 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, P. Einsle, I. Santos, Ph. Barnes, F. Schiller
  DM 2008/2009 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, P. Einsle, I. Santos, Ph. Barnes, F. Schiller, St. Kasper
  DM 2009/2010 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, P. Einsle, I. Santos, Ph. Barnes, F. Schiller, St. Kasper
     
Pokalsieger: 1996/1997 P. Trappmann, T. Kleineberg, M. Kniriem
  2001/2002 T. Hein, M. Popovic, K. Stock, G. Geiter, E. Alvarez
  2002/2003 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, K. Stock, J. Stacha
  2004/2005 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, J. Stacha
  2007/2008 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, P. Einsle, I. Santos, Ph. Barnes, F. Schiller
  2008/2009 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, P. Einsle, I. Santos, Ph. Barnes, F. Schiller, St. Kasper
  2009/2010 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, P. Einsle, I. Santos, Ph. Barnes, F. Schiller, St. Kasper
  2010/2011 M. Henson, T. Hein, M. Popovic, P. Einsle, Ph. Barnes, F. Schiller, St. Kasper
         
EM: 2010 ETC Malta    
    Gold Damen Diana Stateczny mit Anne Hirsch
    Bronze Herren Patrick Einsle mit Sascha Lippe und Lasse Münstermann
  2010 EM in Bukarest    
    Silber Damen Diana Stateczny 
WM:        

Hast Du zu Beginn des Projekts „Snooker“ in Wuppertal an diesen Erfolg geglaubt?
Nicht im Entferntesten. Natürlich hofft jeder Vorstand auf gute sportliche Erfolge, wenn man versucht etwas Neues auf den Weg zu bringen, aber diese Entwicklung hätte vor 15 Jahren niemand voraussagen können. Auch wir haben uns ja erst zusammenraufen müssen, um einen für alle gangbaren Weg zu finden, aber es scheint ja irgendwie zu funktionieren. J

Was begeistert Dich an „Deinen“ Snookersportlern?
Dass die 1. Mannschaft in den vielen Jahren ein tolles Team geworden ist, das gemeinsam immer bestrebt ist, sportliche Bestleistungen zu bringen.
Es macht mir einfach Spaß mit dem Team zu arbeiten und ich habe einige Mitstreiter im Verein, die das genauso sehen, und dann organisiert man schon mal Aktionen, die fast unmöglich erscheinen, wie im letzten Jahr z.B. bei dem Vulkanausbruch auf Island.
Und die 2. Mannschaft entwickelt sich erfreulicherweise auch in diese Richtung.

Auch die Jugendsportler sind sehr erfolgreich. Was ist das Geheimnis?
Das ist zweifelsfrei die sehr gute Zusammenarbeit mit Thomas Hein in seiner Funktion als Trainer und „Motivator“ zurückzuführen.
Ansonsten trägt das regelmäßige wöchentliche Trainingsangebot im Verein mit unserem Andy Gorzna auch so langsam seine Früchte. Von den sieben U16ern bei uns wird sich wohl der ein oder andere in der nächsten Saison auch in den Ligenspielbetrieb trauen.
Außerdem steht ja jetzt auch die Deutsche Jugendmeisterschaft an, wo neben Benedikt Griesdorn bei der U21, auch Aleksandro Cvijetic (U16) und der 11-jährige Jan Joachim (U16 und U19) von uns an den Start gehen werden.
Aber Geheimnisse ? Eher nicht – Ligenerfahrung und Trainingseifer führen irgendwann auch zum Ziel und wenn man dann noch so den ein oder anderen Tipp von den Trainern und Betreuern annimmt und umsetzt, kann da schon mal was klappen.
 
Deine erste Mannschaft ist seit Jahren vorn dabei. Was ist das Geheimnis?
Dass dieses Team sich selbst nach Gewinn einer Meisterschaft immer wieder neue Ziele für die neue Saison steckt – und diese Ziele sind hoch – sehr hoch.
Jeder Gegner wird ernst genommen, egal wo er auch in der Tabelle stehen sollte.
Diese Art und Weise, immer wieder aufs Neue die Motivation im Team aufzubauen und hoch zu halten, finde ich sehr beeindruckend und verdient meinen vollen Respekt.

War Rene van Rijsbergen ein notwendiger Transfer oder war er Dein Wunschspieler, nachdem Patrick Einsle nicht spielen durfte, da er auf der Maintour war?
Da kamen einige Dinge zusammen, Itaro ist nicht mehr dabei, Patrick auf der Maintour, Mike Henson beruflich und auch familiär nicht immer verfügbar, 4er Mannschaft - das waren die Faktoren warum hier Überlegungen anstanden.
Außerdem „mein Wunschspieler“ – darum geht es bei uns nicht – wir treffen personelle Entscheidungen jetzt seit Jahren im Team, denn da muss „der Neue“ reinpassen und damit sind wir bis jetzt nicht schlecht gefahren und das wird auch so bleiben.

Wie fühlt sich für Dich so ein Montag nach einem erfolgreichen Wochenende oder Turnier an?
Müde :-)
Aber mehr als zufrieden, wenn man sieht, dass selbst ein 1:3 Rückstand von der 1. Mannschaft noch „aufgearbeitet“ werden kann und wenn man die 2. Mannschaft live betreut hat, die weiß, dass sie nicht aufsteigen kann und trotzdem alles gibt und erfolgreich um jeden Punkt kämpft, weil einfach die sportliche Leistung zählt, dann geht´s auch mal mit ein paar Stunden weniger Schlaf, weil es einfach Spaß macht, das zu sehen.

Was ist Deine Grundmotivation?
Da ist man nun seit 25 Jahren Vorsitzender eines Billard-Vereins, aber über diese Frage hab ich am längsten nachdenken müssen.
Ich finde den Billard-Sport faszinierend und zwar in all seinen Disziplinen und ich versuche dieses Miteinander der Disziplinen nun seit 15 Jahren weiter nach vorne zu bringen, und zumindest hier in Wuppertal hat es bis jetzt ganz gut geklappt.
Wenn diese Bestrebungen dann über Jahre sportliche Erfolge mit sich bringen, die sich in mittlerweile 3 Bundesliga-Teams und diversen Einzelerfolgen wiederspiegeln, dann ist das immer wieder Ansporn für mich, mich für die Belange unserer Sportler und Mitglieder einzusetzen.

Was fehlt Dir in der Struktur des Billardsports?
Klare Ziele und eine zielgerichtete Umsetzung.
Wohin will man den Billardsport entwickeln in Deutschland? Wie schafft man mehr Öffentlichkeit und eine höhere Präsenz in den Medien (außer durch Dopingfälle)?
Im Sport, grade in den Medien und auch von den Zuschauern, werden immer besondere Leistungen gefordert und erwartet. Warum hebt man das Niveau einer Deutschen Meisterschaft nicht an, um dem gerecht zu werden?
Die sportliche Ligenstruktur ist ja nun endlich weitestgehend in den Landesverbänden angepasst worden, so dass ein gewisser Grad der Vergleichbarkeit gegeben wurde.
Ein Dachverband sollte sich der Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit vordringlicher annehmen.
Die Gesamtdeutschen Meisterschaften in allen Disziplinen ist ja ein sehr guter Ansatz gewesen, die Ortswahl ging dann eher daneben.
Selbst die Berichterstattung in der nationalen Presse war mehr als dürftig in den vergangenen Jahren.
Wenn die geographische Mitte eines Landes „in the f***ing middle of nowhere“ liegt, oder knapp daneben, wie es unser „Bundespudel“ Andreas Huber vor Jahren schon mal beiläufig sagte, dann mag das zwar für alle Sportler nahezu gleiche Anreisemöglichkeiten bedeuten, für alle interessierten Zuschauer allerdings auch, achja die Vertreter der Medien nicht zu vergessen.
Warum geht man nicht in die Ballungsräume der Republik, wo auch ein mögliches Potential an Zuschauern vor Ort ansprechbar wäre. Die Zielgruppe für eine Werbung für den Billard-Sport sollte dabei in der jüngeren Bevölkerung gesucht werden und nicht (ohne Jemandem nahe treten zu wollen, denn ich bin auch nicht mehr der Jüngste) in einem Rentnerumfeld.
Desweiteren, und jetzt werde ich wohl einigen Sportlern auf die Füße treten, sollten die Eingangsvoraussetzung zur Teilnahme an Deutschen Meisterschaften eines „Sportverbandes“ überdacht werden.
Mit einer Zeit von 13,6 sec. auf 100 Metern kann ich mich auch nicht für die Leichtathletik DM in der offenen Leistungsklasse qualifizieren. Wenn die Teilnehmerfelder dadurch kleiner werden, dann ist das eben so, vielleicht spart man darüber den einen oder anderen Turniertag und damit verbundene Kosten ein oder man erhöht die Ausspielziele.

Aber 14.1 Partien z.B., die mit einem GD von 1 oder weniger oder auch Dreibandpartien, die mit einem Schnitt von 0,1 GD gespielt werden, haben auf einer Deutschen Meisterschaft nichts zu suchen – da muss man dann wohl eher froh sein, dass sich kein Sportler verletzt hat und wenn das – in diesem Fall - keiner von der Presse mitbekommen hat.
Wenn man dann von Sportlern die Aussage hört : „Wir wollen doch nur Billard spielen!“ stellen sich mir gleich mehrere Fragen. Wer ist „wir“ und was heißt „Billard spielen“?
Aber am schlimmsten finde ich hier das Wörtchen „nur“, das zeigt eigentlich, dass man den Sport, den man selber gerne ausübt, gar nicht ernst nimmt, denn man „spielt ja n u r Billard“.
Hier offenbart sich dann der Unterschied zwischen „Billardspielern“ und „Billardsportlern“ und leider auch die fehlende Konzeption eines Dachverbandes mit einem entsprechend gezielten Leistungssport- und Breitensportangebot.
Auch wir haben in allen Disziplinen Leistungskriterien an denen wir Mindest-Qualifikationen für eine DM festmachen könnten, was vielleicht auch zu einer höheren Leistungsbereitschaft, mehr Trainingsfleiß und der Frage nach einer, wie in jedem anderen Sportverband selbstverständlich, entsprechenden Trainerstruktur nach sich ziehen könnte.
Wenn die angebotene Qualität und der regionale Standort stimmen, finden wir vielleicht sogar ein breiteres Publikumsinteresse und mehr Medienpräsenz für eine Gesamt Deutsche Meisterschaft in einer Randsportart.
Damit sind wir wieder beim System – nicht nur die DBU sondern auch die Landesverbände mit ihren Untergliederungen bis hin zu den Vereinen sollten den ein oder anderen „alten Zopf“ endlich abschneiden, um gemeinsam dem Begriff „Sportverband“ gerecht zu werden und zu einem besseren Ansehen zu verhelfen.
Das waren nur einige Punkte und es gibt noch so viele Dinge, die in der Vergangenheit liegen- und hängengeblieben sind.
Was neben diesen Randerscheinungen bleibt, ist die Krise in einem Verband, der sich nach außen versucht mit Kriterien von Sport darzustellen und sich nach innen mit immer häufiger auftretenden Machtkämpfen präsentiert.
Es fehlt einiges.

Das Snooker Masters hast Du auch nach Wuppertal geholt. Wie war das?
Auslöser war damals unser anstehendes 80-Jähriges Vereins-Jubiläum und ein eher beiläufiges Gespräch mit Andy Kusan an einem Bundesligaspieltag bei uns. Dann kam das Ganze irgendwie ins Rollen und es ist eine tolle Veranstaltung dabei herausgekommen, an der der gesamte Verein beteiligt war – egal welche Disziplin.
Die Einbindung unserer 1. Mannschaft in das Programm mit Stephen Hendry, Steve Davis, Marc Selby und Alli Carter hat allen Mitwirkenden und auch den ca. 1500 Zuschauern jede Menge Spaß gemacht und das ist doch letztendlich die Hauptsache. Die Resonanz war jedenfalls sehr positiv und die Fragen nach einer möglichen Wiederholung solch eines Events kommen heute noch.


Was fasziniert Dich am Snookersport?
Die taktischen Möglichkeiten und Vielfältigkeit, die in den anderen Disziplinen in dieser Vielfalt nicht gegeben sind

Es wird immer von einem hohen Budget in Wuppertal gesprochen. Kannst Du das bestätigen? Hast Du nur „teure“ Spieler?
Ich weiß nicht, warum das immer wieder thematisiert wird, ohne dass man sich mit mir mal direkt über dieses Thema unterhält.
Die Reisekosten für 3 Bundesliga-Teams sind natürlich nicht unerheblich und bedürfen schon einer vernünftigen Planung, was auch uns oftmals vor Probleme stellt. Die 2. Frage muss ich definitiv verneinen!
Wenn die Chemie und der Geist in einem Team stimmt, kann das vielmehr bewirken und ich freue mich, dass ich eine ganze Reihe treuer Sportler um mich habe, die Billard auch als Sport und nicht nur als Spiel sehen.
Ein Team eben. :-)

Welche Tipps kannst Du anderen Vereinsfunktionären geben?
Das möchte ich gar nicht, denn nicht überall sind die gleichen Voraussetzungen gegeben.
Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch wäre hier vielleicht der Schlüssel, denn nicht alles ist überall umsetzbar. An solchen Gesprächen wäre ich selber auch interessiert und stehe gerne dafür zur Verfügung.
 
Was möchtest Du sonst noch loswerden?
Ich würde mich freuen, wenn es, ähnlich wie im Dreiband schon seit Jahrzehnten, irgendwann eine Europameisterschaft für Vereins-Mannschaften im Snooker geben würde, was z.Zt. wohl auch an den mangelnden Ligensystemen in einigen anderen europäischen Ländern scheitert, aber vielleicht lässt sich hier ja auch ein anderes Qualifizierungsmerkmal finden.

Vielen Dank für das Interview und weiterhin alles Gute für die Zukunft des Billardsports in Wuppertal.

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