Die härteste Prüfung des Jahres liegt hinter ihnen: Zwölf Finalsieger unter Hunderten europäischer und asisatischer Aspiranten haben es durch den Flaschenhals der Qualifikation geschafft und erhalten eine zwei Jahre gültige Lizenz für die Main Tour. Dem gegenüber stehen etliche ambitionierte Talente und Ex-Profis, die im Amateurlager verbleiben.
Im ersten Durchgang der europäischen Q School in Leicester konnten sich die Engländer Allan Taylor und Haydon Pinhey sowie Wang Yuchen (Hongkong) und Artemijs Zizins (Lettland) durchsetzen (siehe unseren Bericht), in der zweiten Runde schafften es der erst 20-jährige Pole Antoni Kowalski zum ersten Mal sowie die bereits Main-Tour-erfahrenen Briten Farakh Ajaib, Mitchell Mann und Chris Totten.
Ronnie und Judd sind gefordert
Kowalskis Weg ging über James Cahill in einem knackigen Achtelfinale, das auf Schwarz entschieden wurde. Zuvor hatte er Event 4 der Q Tour gewonnen und das Halbfinale der Q Tour Play-offs im März erreicht. "Die letzten vier Jahre waren schwierig", sagte er nach seinem 4:1 über den Engländer Simon Blackwell, das er mit drei Breaks über 50 dominierte. "Nun hat endlich alles gepasst. Jetzt hoffe ich auf Treffen gegen Ronnie O'Sullivan oder Judd Trump am TV-Tisch - und darauf, sie zu besiegen ..."
Mister Gadget is back
Prominentester Rückkehrer dürfte Sunny Akani alias Akani Songsermsawad sein, der 2022 seinen Status als etablierter Hoffnungsträger wegen gesundheitlicher Probleme verlor, unter anderem durch Long Covid. Der 28-jährige Thailänder, wegen seiner phantasievollen Art, das lange Besteck einzusetzen, 2016 von Jimmy White "Mister Gadget" getauft, musste in Bangkok sechs Matches gewinnen. Nach dem 4:2 gegen Ali Gharagozlou war er froh, das Comeback des Iraners nach 3:0-Führung mit letzter Kraft abgewehrt zu haben: "Ich war zum Schluss vollkommen ausgepumpt."
China geht leer aus
Zu den drei weiteren erfolgreichen Qualifikanten der Asien/Ozeaniengruppe gehören überraschend keine chinesischen Spieler, aber auch keine weiteren Nachwuchskräfte der starken thailändischen Fraktion. Jeweils ein Platz geht an Indien (Kreishh Gurbaxani hatte sich längere Zeit in England mit seinem Mentor Nigel Bond vorbereitet), Pakistan (Haris Nasir - "Ich bin sprachlos. Der Druck war irrsinnig hoch.") und Malaysia: Lim Kok Leong ist neben Rory Thor bereits der zweite Spieler aus dem südostasiatischen Land. Er schlug Ex-Profi Gao Yang aus China im Decider mit 4:3.
Nie mehr Q School ...
Der 33-jährige gelernte Metzger Ajaib, der die Tour 2023 verlassen musste, sagte nach seinem 4:1-Sieg über den höchst unglücklichen 18-jährigen Ukrainer Iulian Boiko, der innerhalb von zwölf Monaten drei Q-School-Finalspiele verlor: "Damit habe ich nicht gerechnet. Ich hatte mich gar nicht groß vorbereitet, bin einfach hingefahren, um zu schauen, was geht, und die richtigen Stöße zu spielen. Die Q School ist extrem hart. Das möchte ich nie mehr mitmachen."
Zehn Matches für Chris Totten
Mitchell Mann wiederum, der 2016 das Crucible erreichte und 2017 im Halbfinale des Paul Hunter Classic stand, hatte sein Queue nach acht Jahren als Profi kurzzeitig schon an den berühmten Nagel gehängt: "Ich war kurz davor, mir einen Job zu suchen, als mir klar wurde, wie gut ich es als Spieler auf der Tour hatte."
Chris Totten, erstmals 2017 als Profi notiert, unterlag im Finale von Runde eins gegen Allan Taylor und hatte dennoch die Power, erneut fünf Matches durchzustehen, um am Ende sein Main-Tour-Ticket zu erringen.
Maximale Enttäuschung
An der Spitze jener, die stark enttäuscht sein dürften, liegen neben Julian Boiko der Deutsche Umut Dikme und der Österreicher Florian Nüßle (siehe unseren Bericht). Hinzu kommt ein großes Feld namhafter Cracks wie Liam Highfield, Mark Joyce, Craig Steadman, Barry Pinches, Gao Yang, Peter Lines, Andres Petrov, James Cahill, Luo Honghao, Anton Kazakov, Peng Yisong, Rory McLeoad, Billy Castle, Brandon Sargeant, Brian Ochoiski, Peter Devlin, Oliver Brown, Andy Hicks und last but not least das 69-jährige Sexsymbol des Snooker der 1980er, Tony Knowles.
Die parallel zu den Profi-Events laufende Q Tour dürfte demnach im Laufe der Saison noch stärker in den Fokus rücken als bei ihrer ersten Austragung im Vorjahr. Konkurrenzfähige Nachrücker für freie Plätze bei den Ranking-Turnieren sind dank der hohen Standards praktisch garantiert. Das Spiel wird profitieren.