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Montag, 09 Oktober 2023 14:49

Snooker English Open 2023: Judd holt auf

Snooker English Open 2023: Judd holt auf worldsnooker

Die „Wintersportart“ Snooker gönnt sich keine Atempause. Keine drei Stunden nach dem letzten gelochten Ball in Brentwood startete in Wuhan das erste chinesische Ranglistenturnier seit Beginn der Pandemie 2019. English-Open-Champion Judd Trump und sein unglücklicher Finalgegner Zhang Anda mussten also gleich den nächstbesten Flug erwischen ...

Masters-Champion Judd Trump hat sich zurück in die Erfolgsspur gekämpft. Der Erfolg in Brentwood mit sieben Centuries ist sein erster Ranglistensieg seit den Turkish Masters 2022. Dabei sah es lange Zeit nicht danach aus, als würde er den Steve-Davis-Trinkbecher und die 80.000 Pfund Prämie mitnehmen können.

Gnadenlose Überholmanöver

Überraschungs-Finalist Zhang Anda, der zum ersten Mal in seinen 14 Jahren auf der Main Tour ein Endspiel erreicht und im Achtelfinale Ronnie O’Sullivan mit 4:2 geschlagen hatte, nahm Judd lange Zeit den Wind aus den Segeln. Er führte dank seines ausgeruhten, methodisch geprägten Spiels verdient 4:1 und 7:3. In Frame elf, in Sichtweite der Vorentscheidung, kam der Knackpunkt: Auf dem Weg zum möglichen 8:3 setzte er eine Blaue neben die Mitteltasche – und fand zu keiner Zeit in sein Spiel zurück. Judd gewann mit steigendem Selbstbewusstsein und Spielspaß sechs Frames in Folge zum 9:7 und durfte den Glaspott in den Konfettiregen stemmen. Es ist sein 24. Ranglistentitel.

Ähnliches praktizierte er schon im Halbfinale gegen John Higgins, als er mit 2:5 hinten lang und das Match noch zum 6:5 drehte. Der Schotte hatte auch in Frame acht zunächst alles in der Hand und fühlte sich nach der Niederlage „wie vom Bus gestreift“. Die Prämie für das höchste Turnierbreak – einer 145 – war nur ein schwacher Trost für das verpasste Finale.

Hosen runter!

Für den kuriosen Moment der Woche sorgte Ding Junhui, der zum Auftaktmatch gegen Mai Hailong in seinem braunen Standard-Outfit aufmarschiert war und belehrt wurde, er müsse laut Dresscode ganz in Schwarz antreten. Bis ein Freund in das nächste Herrenbekleidungsgeschäft geeilt war, um ihm eine schwarze Hose zu besorgen, war das Zeitlimit für den ersten Frame abgelaufen, und Ding startete mit einem 0:1-Rückstand ins Match, der zügig auf 1:3 wuchs, bis er sich berappelte. „Glücklicherweise waren die Safeties von Ma nicht sonderlich gut.“ Es reichte immerhin noch zu einem 4:3.

Kilometerweit vorbei

Mark Allen stellte beim 4:0 gegen Mostafa Dorgham in der Qualifikationsrunde mit vier Centuries (104, 127, 114, 104) einen Weltrekord ein. Außer ihm war dies in einem Best-of-Seven-Match zuvor nur Neil Robertson 2013 bei den Ruhr Open gelungen. Erstaunlich fand Allen sein Kunststück vor allem, weil er beim Aufwärmen reihenweise Bälle kilometerweit neben die Tasche setzte. „Mein Coach Chris Henry und ich konnten gar nicht anders, als darüber zu lachen. Mein Selbstvertrauen war am Boden.“ Ein Gespräch mit seinem Mentaltrainer habe ihn dann wieder aufgepäppelt.

Grauenvolle Heimfahrt

„Manche Spieler erleben solch ein Comeback in ihrer ganzen Karriere nicht.“ Ricky Walden lag bereits mit 0:3, einem Snooker und 70 Punkten in Frame vier gegen Ex-Weltmeister Graeme Dott hinten – und zog dennoch mit 4:3 ins Achtelfinale ein.„Die Heimfahrt nach einer solchen Niederlage ist grauenvoll“, dachte er auch an seinen Gegner. „Ich hatte selbst einige von dieser Sorte …“  

Bei British-Open-Champion Mark Selby war in der Auftaktrunde buchstäblich der Akku leer. Nach neun Spielen in neun Tagen hintereinander unterlag der Marathon-Mann 2:4 gegen Martin O’Donnell. Die Nummer 104 der Weltrangliste schaffte es danach bis ins Viertelfinale gegen John Higgins.

Starke Seriensieger

Eine eindrucksvolle Serie gelang dem chinesischen Rookie Liu Hongyu auf dem Weg ins Halbfinale, gegen respektable Gegner wie Shaun Murphy (4:3), Joe O’Connor (4:1), Chris Wakelin (4:3), Mark Williams (4:3) und Ding Junhui (5:2). Beim 2:6  gegen Zhang Anda blieb er jedoch ohne echte Chance.

Ein starkes Turnier spielte Matt Selt mit Erfolgen gegen Michael White (4:3), Mark Allen (4:2) und Ricky Walden (4:3). Erst im Viertelfinale gegen Judd Trump (1:5) endete seine Serie.

Ähnlich gut lief es für Zhou Yuelong. Der European-Masters-Finalist von 2020 schlug Tour-Rückkehrer Andrew Higginson (4:2), Sanderson Lam (4:0) und Ali Carter (4:1). Unter den letzten Acht machte er es Zhang Anda beim 4:5 schwer.

Der chinesische Tour-Neuling He Guoqian bestätigte seine Klasse nach dem Halbfinale bei den British Open auch in Brentwood, wo er das Achtelfinale mit zwei 4:3-Siegen gegen Ryan Day und Hossein Vafaei erreichte.

Zuckersüße Kommentare

British-Open-Sieger Mark Williams ist der jüngste Kritiker des „Monster-Donnerstags“, der eine Hälfte der verbliebenen Spieler dazu zwingt, am selben Tag zwei Matches auszutragen. Sein Achtelfinale gegen Liu Hongyu (3:4) ging erst morgens um halb zwei zu Ende. Mark widmete der Planungskommission von World Snooker ganz privat einige zuckersüße Kommentare.

Weltmeister Luca Brecel, Nummer zwei der Setzliste in Brentwood, weiß so langsam, was ein Angstgegner ist: Er verlor auch sein siebtes Karriere-Match gegen Ding Junhui im Achtelfinale mit 3:4.

Neil Robertson ist weiter auf der Suche nach einem erfolgreichen Einstieg in die Saison. Bei den bisherigen drei Ranglistenturnieren kam er nicht über die Runde der besten 64 hinaus. In Brentwood scheiterte er schon in der Qualifikationsrunde mit 2:4 an Sanderson Lam.

Text: Matthias Breusch, Snooker-Geschichten (satz-ball.de)

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