Die Reporter des britischen Boulevardblatts News of the World hatten vorgegeben, Geschäftsmänner zu sein und Higgins sowie seinen Manager Pat Mooney in eine Hotelsuite nach Kiew geladen. In dem Ende April veröffentlichten Film ist zu sehen, wie der Snookerprofi sich dort bereit erklärt, für 300.000 Euro vier Frames in nicht näher benannten Turnieren zu verlieren. Der Snooker-Verband WPBSA sperrte Higgins und beauftragte einen ehemaligen Hauptkommissar von Scotland Yard, die Affäre in einem unabhängigen Gremium aufzuklären.
Die Ermittler haben bisher keine Ergebnisse verlautbaren lassen. Sie werden aber jetzt auch den Erkenntnissen nachgehen müssen, die Nick Harris zusammengetragen hat. Der britische Sportjournalist hat sich das Video zusammen mit einem Sprachexperten angesehen. Er behauptet, dass die Untertitel teilweise falsch sind und einige Higgins zugeschriebene Statements offenbar von einem Sprachimitator stammen.
So soll Higgins auf die Frage, ob man eine Kugel bewusst nicht einlochen könne, ohne aufzufallen, geantwortet haben: "Ja, das ist einfach." Die Lippenbewegungen auf dem Video ließen aber nur ein "Ja" erkennen, der Zusatz "das ist einfach" soll der Sprachimitator gesagt haben - mit englischem statt schottischem Akzent.
Der falsche Scheich
Dies und andere Beispiele entlasten Higgins nicht, zumal das Boulevardblatt betont, dass das Video echt sei. Es lässt die Vorwürfe aber zumindest in anderem Licht erscheinen. Zumal sich der Reporter, der bei der Aktion federführend war, schon öfter Manipulationsvorwürfen ausgesetzt sah. Seit er sich einmal für eine Recherche als Scheich verkleidet hat, wird er in England "the fake sheikh" genannt, der falsche Scheich.
Higgins hat sich zu vermeintlichen Manipulationen nicht geäußert. Der Snooker-Spieler behauptet aber, unschuldig zu sein. Er habe geglaubt, es mit der russischen Mafia zu tun zu haben, und deshalb bei den Verhandlungen in Kiew einfach mitgespielt. Der WPBSA-Vorsitzende Barry Hearn sagt zu dem Video lediglich, dass die Ermittlungen so rasch wie möglich vorangetrieben würden.
Wenigstens zu den Wettvorwürfen beim WM-Finale 2009 aber hat sich Hearn geäußert. Es ist im Snooker gar nicht mal unüblich, auf eigene Spiele zu wetten. "Insurance bet" nennt man so etwas - eine Wette, dass andere Spieler das eigene höchste Break noch einmal übertreffen. Das will der Verband nun verbieten, um Manipulationen vorzubeugen. Die Wette von 2009 sieht laut Hearn nach solch einer "insurance bet" aus. Higgins gewann das Turnier damals und sicherte sich den WM-Titel.
Von Florian Fuchs
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Thomas Hein
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