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Dienstag, 31 Oktober 2023 07:46

Snooker Northern Ireland Open 2023: Judd ist nicht zu stoppen

Snooker Northern Ireland Open 2023: Judd ist nicht zu stoppen worldsnooker

Vor dem Turnier in Belfast wurden zwei Optionen heiß diskutiert: Gewinnt Judd Trump das dritte Turnier in Folge? Oder schafft Mark Allen eine weitere Titelverteidigung? Judds Triumph lässt keine Fragen offen, Allens Maulkorb im Machtspiel mit den Bossen der World Snooker Tour hingegen viele.

9:3 im Finale gegen Chris Wakelin, 6:4 im Halbfinale gegen Barry Hawkins nach 1:4-Rückstand, zwei gewonnene Decider gegen die starken Noppon Saengkam (4:3) und Stephen Maguire (5:4), acht Centuries im Laufe des Turniers, 20 Siege in Folge und damit der erste Spieler seit Ding Junhui 2013, der drei Ranking-Events in Folge gewinnt: Judd Trump rückt mit bisher 300.000 Pfund Preisgeld in der noch jungen Saison den führenden Ronnie O’Sullivan und Luca Brecel an der Spitze der Weltrangliste eng auf den Pelz.

Chris Wakelin stoppt Jack Lisowski

Auch Chris Wakelin war letztlich zufrieden, obwohl er nach seiner frühen 2:1-Führung im Finale förmlich von Judd überrollt wurde. Der amtierende Shoot-Out-Champion stößt durch seine 35.000 Geldranglistenpunkte auf Platz 21 vor. Unterwegs ließ er Shaun Murphy (4:2), Yuan Sijun (5:2) und vor allem dem bis dahin brillant aufspielenden Jack Lisowski im Halbfinale (6:1) keine echte Chance.

Blackout mitten in der Nacht

Der Turnierbaum zeigte sich von Beginn an schwer ausgelichtet. Ronnie hatte wegen seines chronischen Tennisarms abgesagt, Mark Selby, John Higgins, Ali Carter, Luca Brecel und Thepchaiya Un-Nooh waren wegen ihrer Zusage zum Einladungsturnier in Macao im Abseits gelandet – und dann verabschiedeten sich zwei weitere Zugpferde gleich zu Beginn: Mark Allen unterlag in seinem ersten Match gegen den Esten Andres Petrov nachts um halb zwei nach hartem Kampf und einer knapp verschossenen finalen Blauen im Decider. Die unglückliche Niederlage nahm er äußerst fair und souverän hin.

Titelträume im Ferrari

Auch Neil Robertson klappte seinen Queue-Koffer nur einmal auf und verlor erneut früh, wie bei allen Ranking-Events dieser Saison, diesmal 1:4 gegen Allens Trainingspartner Jordan Brown. Den Antrim Ferrari riss dies zu der Bemerkung hin, er sei jetzt reif für den Titel. Allerdings hielt er seine Ideallinie nur bis in die nächste Runde, wo er vom spurtstarken Yuan Sijun auf der Zielgeraden 2:4 überholt wurde.    

Lukas gelingt eine 143

Positive Momente erlebten David Gilbert und Ricky Walden mit dem Vorstoß unter die letzten Acht, Joe Perry gelang zum zweiten Mal in seiner langen Karriere eine 145, belohnt mit 5.000 Pfund Prämie für das höchste Turnierbreak, Rory McLeod, der als „Amateur“ den freien Platz von Ronnie eingenommen hatte, stieß bis ins Achtelfinale vor, und der hoch gehandelte 17-jährige Stan Moody untermauerte mit Siegen über Rod Lawler (4:1) und Scottish-Open-Champion Gary Wilson (4:2) ebenso sein Potential wie der 18-jährige Xing Zihang (jeweils 4:1 gegen Graeme Dott und Andres Petrov). Ebenfalls seine Klasse demonstrierte Lukas Kleckers mit einer 143 in seinem von hohen Breaks geprägten Erstrundenmatch gegen Gary Wilson (1:4).

Das Monopol schlägt zurück

Vor und während der NI Open gingen die Auseinandersetzungen zwischen Topspielern und den Vermarktern World Snooker Tour in die nächste Runde. Ronnie O’Sullivan ließ er im Interview mit dem britischen Snooker-Journalisten Phil Haigh am 19. Oktober im Guardian zu den Umständen der Einladungsturniere in Shanghai, das nicht einmal im Stream zu besichtigen war, und Macao, das nach Einschreiten der WST verlegt wurde, Dampf ab:

„Es war annähernd Erpressung gegenüber denen, die bei der Shanghai Exhibition gespielt haben – du musst dieses tun und jenes tun. Viele Spieler bringt es dazu, dort gar nicht erst antreten zu wollen. Die meisten würden diese Schreiben als reine Bedrohung auffassen.

Seht besser zu, dass ihr einen anständigen Promoter an Bord holt und hört auf damit, die Spieler wie Dreck zu behandeln. Macht es vernünftig und hört auf damit, an die Decke zu gehen, wenn sich Spieler beschweren. Die WST wird die Spielerverträge noch rigoroser einzuengen versuchen. Aber je weiter sie gehen, desto schwerer machen sie es sich selbst.

Sie werden sagen: ‚Du kannst nirgendwo einen Queue in die Hand nehmen, egal ob es im Stream läuft oder nicht, wenn es kein Tour-Event ist‘. Aber ich mache mein eigenes Ding. Ich hab einiges in China laufen. Also seid nicht überrascht, wenn die WM ohne mich stattfindet. Was mit den Exhibitions in Shanghai und Macao passiert ist, ist erst der Anfang.“

Mark Allen legte im Irish Mirror nach: „Ronnie hat mit vielem, was er gesagt hat, den Nagel auf den Kopf getroffen. Er hat vollkommen recht: Sie verstecken sich hinter den Spielerverträgen. Das sagt nicht, dass es korrekt oder fair zugeht. Wenn ich einer der betroffenen Spieler wäre, würde ich dagegen angehen, denn die Verträge schränken viel zu viel ein.

Wenn du diesen Vertrag nicht unterschreibst, kannst du nicht Snooker spielen, also bist du gezwungen, ihn anzunehmen, falls du Turniere spielen und deine Familie ernähren möchtest, aber das heißt nicht, dass ich mit vielen Klauseln in diesem Vertrag glücklich bin.

Das Spiel gerät aus den Fugen und hat sich in den letzten Jahren nicht weiterentwickelt. Bevor die Spieler nicht revoltieren, wird sich nichts verändern. Für mein Verständnis müssen wir als Spitzenspieler einen Event kollektiv boykottieren, damit sich die Dinge verändern. Die Statements von World Snooker sind amateurhaft. Zu sagen, dass sie die Spieler mit Respekt behandeln, ist lächerlich. Bei den Exhibitions gibt es Garantiesummen, während die Preisgelder speziell für die Home-Nations-Turniere stagnieren. Letztlich ist klar: Wenn die Dotierung in Belfast höher wäre, würden manche Leute Exhibitions nicht einmal in Erwägung ziehen.

World Snooker wies Allens Aussagen in einem Statement „entschieden zurück, weil sie falsch und rufschädigend sind“. Man werde unverzüglich  „entsprechende Maßnahmen ergreifen“. 

Es waren offenbar diese Maßnahmen, die selbst den furchtlosen Mark Allen nur wenig später zu folgendem Tweet veranlasst haben:

„In einem Medien-Interview habe ich kürzlich Kommentare zu Spielern abgegeben, die nicht in Events der WST spielen, und zudem weitere rufschädigende Kommentare über World Snooker, die ich hiermit uneingeschränkt zurückziehe.

Ich bedaure diese Kommentare zutiefst und bitte um Verzeihung, dass ich sie geäußert habe. Ich schaue nach vorne, um auch zukünftig mit World Snooker unseren großen Sport und die Spieler, die ihn betreiben, zu stärken, damit er sein volles Potential für Fans in aller Welt entfalten kann.“

Eines hat Mark allerdings clever vermieden: Den Inhalt seiner Kritik zurückzunehmen …

***

Text: Matthias Breusch, Snooker-Geschichten (satz-ball.de)

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