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Montag, 04 März 2024 10:02

Snooker World Masters 2024: Ronnie rockt Riad

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Goldjungs mit goldener Kugel: Luca und Ronnie Goldjungs mit goldener Kugel: Luca und Ronnie Foto: WST

Im Eiltempo zur Lohntüte: Lediglich 13 Frames musste Ronnie O'Sullivan gewinnnen, um beim Speed-Einladungsturnier von Riad 250.000 britische Pfund Preisgeld einzusammeln. Er meisterte die Aufgabe in exzellenter Form. Das unter Snooker-Liebhabern umstrittene World Masters mit den acht Führenden der Zwei-Jahres-Weltrangliste lieferte großen Sport, leidenschaftliche Fans und eine arbeitslose goldene Kugel.

Luca kommt in Form

Mehr hätten sich die Ausrichter nicht wünschen können als ein rasantes Finale zwischen der Nummer eins und dem amtierenden Weltmeister. Luca Brecel hatte zu Beginn die besseren Karten, verschoss jedoch beim Stand von 2:1 und 29-0 Schwarz und belegte von da an hauptsächlich den besten Sitzplatz in der Arena.

Sein letzter Ballkontakt war ein Kamikaze-Stoß nach Art von Stephen Maguire in Frame sieben, der die Bälle auf dem ganzen Tisch verteilte und ihm das 2:5 bescherte. Dennoch scheint er nach einer zerfahrenen Saison exakt zum richtigen Zeitpunkt in Form zu kommen, um ernsthaft seinen Titel im Crucible verteidigen zu können. Beleg für seine wiedergewonnenen Stärken waren überzeugende Siege gegen die stählerne Matchhärte von Ali Carter (4:1) und Mark Allen (4:2).

Ronnie O'Sullivan bleibt dennoch das Maß aller Dinge, auch im Hinblick auf seine Chancen, in Sheffield alleiniger Rekordweltmeister mit acht Titeln zu werden. Im Viertelfinale schenkte er John Higgins beim 4:0 mit drei Centuries und einer 82 lediglich vier Foulpunkte, und nach dem 4:1-Halbfinale demütigte er die Nummer zwei der Welt mit der Bemerkung, er habe gerade "den schlechtesten Judd Trump aller Zeiten" am Tisch gesehen. 

Ein Koffer zum Verlieben

Als Gimmick der Veranstaltung wurde zu Beginn jeden Frames ein goldener Ball zentral an der Kopfbande platziert. Er wäre 20 Punkte wert, aber nur vier Foulpunkte teuer gewesen und blieb auf dem Tuch, solange ein Maximum möglich war. Wäre eine 147 plus der güldenen Kugel gelocht worden, hätte der Spieler einen Koffer mit  500.000 US-Dollar überreicht bekommen. John Higgins hatte schon eine Hand am Köfferchen. In seinem Match gegen Mark Williams (4:2) standen 120 Punkte für 15 Rote und 15 Schwarze auf dem Brett, als Gelb nicht mehr mitspielen mochte.

Steve Dawson, Geschäftsführer und Anteilseigner des Tourvermarkters World Snooker, feierte das „Super Maximum“ vorab als die „faszinierendste Idee seit der Erfindung von Snooker vor 150 Jahren! Die Spieler begeistert die unglaubliche Sonderprämie, die von Seiner Exzellenz Turki Alalshikh gestiftet worden ist.“

Arabien erhält eine Akademie

Herr Alalshikh nutzte die Siegerehrung für die Ankündigung, er wolle bei der nächsten Auflage gleich doppelt so viel Spielgeld für das Mega-Maximum lockermachen: eine runde Million. Außerdem teilte der oberste Snooker-Fan Saudi-Arabiens mit, man werde umgehend eine Nachwuchsakademie eröffnen. Die beiden Wildcard-Amateure Ali Alobaidli (Katar) und Omar Alajlani (Saudi-Arabien) hatten zum Auftakt gegen John Higgins und Ding Junhui jeweils mit 0:4 verloren. Bei den Ausrüstern des künftigen Leistungszentrums dürften die Korken geknallt haben, denn Geld spielt bei den Saudis keine Rolle, wie man etwa den märchenhaften Summen entnehmen kann, mit denen die einheimische Fußball-Liga in dieser Saison zahlreiche irrsinnig überbezahlte Ballzauberer aus aller Welt ins Land locken konnte. Ganz zu schweigen von den Ambitionen, in einem eisfreien Wüstenstaat Olympische Winterspiele auszurichten.

Grüner wird's nicht

Die Integration der Snooker-Größen in das Sportswashing-System der saudischen Machthaber hat sich bereits jetzt bezahlt gemacht. Sämtliche Teilnehmer lobten neben dem üppigen Preisgeld die perfekte Organisation und die erlebte Gastfreundschaft über den grünen Klee. Die mahnenden Worte von Kritikern wie dem norwegischen Gründer des Scoring-Portals snooker.org, Hermund Årdalen, auf Twitter/X waren gegen den Ruf des Geldes lediglich Schall und Rauch: „Das Team und ich haben wegen des Sportswashing-Faktors und der üblen Menschenrechtslage in Saudi-Arabien gemischte Gefühle. Wir beschränken uns daher zur Information der Fans auf einen reinen Ergebnisdienst.“
Letztlich sah die Berichterstattung auch von Snooker.org jedoch genauso aus wie die von jedem anderen Turnier. Einwände, die Menschenrechtslage in China sei keinen Deut besser als bei den Saudis, beantwortete Årdalen mit dem Argument: „Wir schauen keinesfalls über die Menschenrechtsverletzungen in China hinweg. Der Unterschied besteht im Sportswashing, denn China ist eine große Snooker-Nation.“

Kleine Freiheiten

Wie weit das Land von Generaldirektorpräsident Mohammed bin Salman trotz religiöser Vorschriften und flächendeckender staatlicher Cyber-Kontrolle (Vorbild: China) auf die Bedürfnisse seiner westlich geprägten Jugend eingeht, um mit Konsum und Spielen für oberflächliche Entspannung zu sorgen, hat sich bereits mit der Aufhebung des jahrzehntelangen Verbots von Kinofilmen und Konzertveranstaltungen gezeigt. Trotz der diktatorischen Strukturen gibt es aber auch progressive Veränderungen. So hatte etwa die 2018 eingeführte Aufhebung des Verhüllungszwangs für Frauen Auswirkungen auf das World Snooker Masters: Offenbar hatte man in Riad bewusst nichts gegen den Einsatz eines weiblichen Referees beim Endspiel der Snooker-Stars einzuwenden. Tatiana Woollaston war zwar gehalten, keine körperbetonte Kleidung zu tragen, trug jedoch ihr Haar so offen wie in London oder Llandudno. Soft Power der etwas anderen Art ...  

 

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Matthias Breusch

* verfolgt das schönste Spiel der Welt seit 1992 * bastelt unverdrossen an seinem ersten half century *  

* Liebhaber virtuoser musikalischer Handarbeiten * Übersetzer von automobilen Traumwelten für Octane * Redakteur von Rock Hard, Metal Hammer, RevierSport und rocks * Headliner und Kolumnist für guitar, drumheads, guitar dreams und guitar acoustic * Kurator des Stilblüten-Menüs Hammermusik für Behämmerte *  

Website & mehr: Snooker-Geschichten (satz-ball.de)

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